Dezember 2024

Glücklich, froh und frei

„Willst Du Recht haben oder glücklich sein?“ Gute Frage, die ich mir oft stelle. Immer gerne erst dann, wenn es wehtut.

Bevor ich die Gnade erfahren habe, nicht mehr trinken zu müssen und dem Trinken eine komplette psychische Veränderung entgegenstellte, wollte ich eigentlich nur mein Recht durchsetzen. Wie der Schauspieler in unserem Blauen Buch wollte ich bestimmen, wer was wann tut und wie alle zu denken haben; nur dann könnte ich mich sicher und frei fühlen. Komischerweise stellte sich das Glück nie ein. Komischerweise wollte niemand machen, was ich verlangte. Und oft genug gingen meine Pläne pleite. Glück, Frohsinn und Freiheit ertranken in meinen Rechtfertigungen, mich schlecht fühlen zu dürfen.

Heute weiß ich, dass es in mir steckt, das Glück und dass ich frei bin von den Qualen der Sucht, den Ängsten vor den vielen Morgen, die da noch kommen. Ich kann ziemlich oft Menschen und Situationen sein lassen, wie sie sind und mich dem widmen, was wirklich wichtig ist. Dem Neuen bei AA, dem großen Ganzen, dem Fortschritt, den ich persönlich machen muss, um noch nützlicher zu werden. Frei zu sein von eigennützigen Beweggründen schießt mich in die Freiheit, die ich so sehr vermisst habe und die mich jetzt nachts glücklich schlafen lässt.

Und wie schafft man das? Wie werde ich glücklich, froh und frei? Für mich steht fest, dass nur die ehrliche und furchtlose Inventur meines Selbst und ein wirklich liebender, wegweisender und allwissender Gott die Basis ist. Gott ist entweder alles oder nichts. Und der will mich glücklich, froh und frei. Beim Lesen aller Erfahrungen, die andere auf ihrem Weg durch das Programm gemacht haben, findet ihr euch mit Sicherheit wieder und ihr findet vielleicht auch den einen oder den anderen Impuls für Fragen, die eventuell noch offen sind. Eines steht fest: Wir gehen zusammen, niemand muss alleine da durch und das ist sicher schon mal ein Grund, das erste Glas stehen zu lassen. Denn wir wissen: Glücklich, froh und frei sein ist doch genau das, was wir alle wollen.

Sonderthema zur Dezemberausgabe

Doppelgewinner

Ich bin Alkoholikerin und gleichzeitig Angehörige. Um emotional nüchtern zu werden, will und muss ich mir auch meinen Anteil als Tochter einer trinkenden Mutter angucken, denn meine co-abhängige Seite ist sehr stark und mitunter zerstörerisch für mich und andere. Wie beim Alkohol hilft es mir auch bei diesem Thema am meisten, wenn ich anderen zuhöre, die das gleiche Problem haben und schon eine Lösung gefunden haben. Also gehe ich zu AA und zu Al-Anon.

„Doppelgewinner“ oder „Doublewinner“ ist sicherlich etwas augenzwinkernd gemeint – wer will schon ZWEI Krankheiten statt einer haben? Aber die Wahl habe ich eh nicht, deswegen feiere ich es, dass ich zwei so fantastische Programme mit wunderbaren Menschen in meinem Leben habe und für ALLES in meinem Dasein eine Lösung bekomme.

Ich hatte mal den Eindruck, dass AA und Al-Anon als Gegensätze gesehen werden. Inzwischen habe ich viele Menschen getroffen, die in beiden Programmen zu Hause sind. Und schon wieder stelle ich fest: Ich bin nicht „der eine Sonderfall“! Stattdessen bin ich einfach nur ich und dankbare Doppelgewinnerin.

Beiträge zu beiden Themen bitte bis 3. Oktober 2024 an aa-redaktion@anonyme-alkoholiker.de

Januar 2025

Chaos der Gefühle

Meinen Gefühlen und dem seelischen Schmerz bin ich mit dem Trinken von Alkohol aus dem Weg gegangen und habe damit das Navigationssystem meiner Seele ausgeschaltet. Betrunken hat mich auch mein Bauchgefühl im Stich gelassen, deshalb war es wichtig, in all meinen Emotionen, den positiven sowie den negativen gründlich aufzuräumen. Erst als ich den Alkohol weglassen konnte und in den Meetings mit der Hilfe meiner AA-Freundinnen und -Freunde meine Gefühle einzeln anschaute und sortierte, konnte bei mir wieder echte Lebensfreude entstehen. Bis ich aber zurück in meiner Mitte war, schwankte ich mehrmals täglich zwischen „himmelhochjauchzend“ und „zu Tode betrübt“. Erst durch die Nüchternheit im Programm der AA habe ich mir mein Bauchgefühl zurückerobert und meine mir so wichtige Gelassenheit bekommen.

Beiträge bitte bis 3. November 2024 an aa-redaktion@anonyme-alkoholiker.de

Februar 2025

Es gibt eine Lösung 

„Es gibt eine Lösung. Fast keinem von uns fiel die Selbsterforschung, der Abbau unseres Hochmuts, das Bekennen unserer Unzulänglichkeiten leicht. Aber all das ist nötig, um das Ziel zu erreichen.“

„Für jeden von uns ist es eine überwältigende Tatsache, dass wir eine gemeinsame Lösung gefunden haben.“

Aus: Blaues Buch, Kapitel 2; Seite 30 und Seite 21

Der lange Weg zur Kapitulation, zum Loslassen des Alkohols – nur für heute – ist für keinen von uns leicht gewesen. Auch ich habe mich mit Händen und Füßen mit den wildesten Argumenten gewehrt, das Trinken ganz aufzugeben. Dennoch hat mich gleichzeitig das tiefe Gefühl, mein Leben als immer schneller werdende Bergabfahrt ohne Bremse und Kontrolle zu erleben, zu AA geführt. Ich konnte den AA-Freunden glauben, dass es eine Lösung gibt, um diesen verrückten Teufelskreis zu durchbrechen. Ich blieb, wurde trocken und im Laufe der Zeit auch in tiefer Dankbarkeit nüchtern.

Sonderthema zur Februarausgabe

Finanzielle Wiedergutmachung

In den Schritten Acht und Neun befassen wir uns mit den von uns angerichteten Schäden und deren Wiedergutmachung – auch in finanzieller Hinsicht. Vielleicht habe ich geborgtes Geld nicht zurückgezahlt, vielleicht in meiner Steuererklärung geschummelt, die Spesenabrechnung manipuliert oder einen Versicherungsschaden erfunden. Vielleicht habe ich das Haushaltsgeld oder das Sparschwein der Kinder geplündert.

Als alleinerziehende berufstätige Mutter schaffte ich es zwar immer irgendwie, mit meinem Budget auszukommen, doch war es mir meist wichtiger, Geld für die Kneipe zu haben, statt mit meinem Sohn etwas Schönes zu unternehmen. Abgesehen von Reue und aufrichtigen Gesprächen kann ich hier heute genauso wenig wiedergutmachen, wie in Fällen, wo ich mich mit Betrügereien bereichert hab. Einmal sogar war ich nahe dran, im Betrieb einen Scheck zu unterschlagen, aber dann fürchtete ich doch zu sehr die Konsequenzen, falls es rauskommt.

Wenn ich ehrlich zurückdenke, habe ich auch manchen finanziellen Schaden verursacht. Doch weder kann ich diesen beziffern noch aus der Welt schaffen. So bleibt mir nur die Hoffnung, dass ich mit wohltätigen Spenden, die ich sehr gern gebe, meine persönliche Schuldenbilanz ausgleichen kann.

Beiträge zu beiden Themen bis zum 3. Dezember 2024 an aa-redaktion@anonyme-alkoholiker.de